Porträt LOUISE PIËCH

Die Chefin

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Ferdinand Porsche hatte zwei Kinder: Louise wurde 1904 geboren, knapp fünf Jahre später ihr Bruder Ferry. Die Tochter stand ihrem Vater immer sehr nahe, teilte seine Impulsivität und Unbeherrschtheit und führte in späteren Jahren Geschäft und Familie mit eiserner Hand.
Louise Piech
© Porsche AG
In den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts eilte Ferdinand Porsche der Ruf des renommierten Ingenieurs voraus. Als Chefkonstrukteur der Firma Austro-Daimler war er in einer gehobenen Position tätig, Louise Piëch und Ferry Porsche genossen eine privilegierte, großbürgerliche Kindheit in Wiener Neustadt, das Automobil war in der Familie allgegenwärtig – das hatte Einfluss auf die Kinder.

Louise war aufgeweckt, frühreif, fuhr schon in jungen Jahren Auto und galt als geschickte, aber auch aggressive Fahrerin. Ihr ältester Sohn Ernst, geboren 1929, erzählte Karl Ludvigsen, dass sie die Wagen wie ihr Vater bewegte und einschüchternd auf das vorausfahrende Auto auffuhr: „Man wollte nicht Beifahrer sein, wenn sie am Steuer saß!“

Er erinnerte sich daran, dass sein Onkel Ferry ebenfalls schnell, aber gleichmäßig fuhr und Motor und Bremsen viel weniger beanspruchte. Darin spiegelte sich der unterschiedliche Führungsstil der Porsche-Geschwister wider: Ferry kam in der Regel mit einer sanften, aber hartnäckigen Überzeugungskraft zum Ziel, Louise setzte sich oft mit Vehemenz und einem ihrer unvergesslich grimmigen Blicke gegen Widersacher durch. Sogar im Motorsport!

Als Amateur-Rennfahrerin war sie konkurrenzfähig, was sich in Erfolgen bei lokalen Bergrennen zeigte. Mit der Heirat des Anwalts Anton Piëch 1928 endete zwar ihre Rennfahrerkarriere, aber ihre häuslichen Verpflichtungen waren auch in Zukunft kein Grund, sich in Zurückhaltung zu üben.

Louise Piech Porsche 911 Turbo Prototyp
© Porsche AG

ERFOLGREICH BEI BERGRENNEN: Louise Piëch

Am 25. April 1931 ließen Ferdinand Porsche, Anton Piëch und Adolf Rosenberger das 1930 in Stuttgart gegründete Konstruktionsbüro ins Handelsregister eintragen. Piëch fungierte als Geschäftsführer in Stuttgart, während in Wien weiterführte und ihr eigenes unternehmerisches Geschick verfeinerte. Ernst Piëch erinnerte sich an die fast telepathische Beziehung, die sie zu ihrem Vater hatte. Sie telefonierten häufig miteinander und sie schien immer genau zu wissen, was in allen Bereichen des Unternehmens vor sich ging.

Der Krieg änderte alles. Nachdem das Werk in Stuttgart bei Bombenangriffen im Oktober 1944 schwer getro en worden war, wurde das Konstruktionsbüro nach Gmünd in Kärnten verlegt. Man betrachtete es als relativ sicheren Ort, um den Firma zu sichern und den Mitarbeitern vor dem Chaos der bevorstehenden Niederlage eine Zuflucht zu bieten. Im folgenden Jahr wurden Ferdinand Porsche, Anton Piëch und Ferry Porsche, nachdem sie von amerikanischen Entnazizierungs-Tribunalen verhört und entlastet worden waren, von den französischen Besatzern erneut verhaftet und der Kriegsverbrechen beschuldigt.

Louise Piëch: FÜHRUNGSSTÄRKE IN KRISENZEITEN

Ferry kam schnell wieder frei, aber die beiden älteren Männer blieben unter immer härteren Bedingungen inhaftiert. In dieser schwierigen Zeit war es die vierzigjährige Louise Piëch, die das Unternehmen zusammenhielt: Sie beauftragte den Chefingenieur Karl Rabe mit der Leitung des Gmünder Werks, das nun zuallererst als Reparaturwerkstatt für landwirtschaftliche Geräte und den allgegenwärtigen VW-Kübelwagen diente.

Louise Piech und Ferry Porsche 1993
© Porsche AG
Louise Piech und Ferry Porsche 1993
Ebenso hilfreich war Louises Fähigkeit zu wissen, wo sie Hilfe suchen konnte. Als „Einzige, die nicht im Gefängnis saß“, wandte sie sich an Karl Abarth, einen Wiener Motorradrennfahrer, der mit Anton Piëchs Sekretärin verheiratet war und dem Anton zu Beginn des Krieges zur Flucht nach Jugoslawien verholfen hatte. Abarth, der sich nun „Carlo“ nannte, war mittlerweile nach Italien übergesiedelt, und über ihn kam die Familie Porsche in Kontakt mit dem wohlhabenden Industriellen Piero Dusio.

Ludvigsen berichtet, dass Dusio Porsche nicht nur mit der Konstruktion eines GP-Wagens, des Cisitalia, beauftragte, sondern dass er auch im Gegensatz zur Porsche-Familie reisen konnte. Seine Lobbyarbeit in der französischen Rennszene sowie die Zahlung eines Lösegelds in Höhe von 8300 Dollar (im Jahr 1947) sollten schließlich zur Freilassung von Dr. Porsche und Anton Piëch führen.

Ab 1949 entstanden unter Verwendung von VW-Teilen und -Fahrwerken in Gmünd die ersten Sportwagen. Ein Teil der Verhandlungen mit VW sicherte Porsche die Vertriebsrechte für Volkswagen in Österreich; ein Geschäft, das Louise Piëch leiten sollte. Nach dem Tod Ferdinand Porsches ging das Vermögen zu gleichen Teilen auf die Kinder Louise und Ferry über ...


Den kompletten Artikel mit weiteren Fotos finden Sie in der Jubiläumsausgabe 6-2023.

Text: Kieron Fennelly
Übersetzung: Manfred Kolb

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