Porsche 919 Evo fährt Rekordrunde auf dem Ring

5:19,55 min sind neue Dimension

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Porsche hat sich, dem 919 Hybrid und auch Werksfahrer ein Denkmal im Rennsport gesetzt. In 5:19,55 Minuten hat Bernhard am Freitagmorgen die 20,832 Kilometer lange Nordschleife des Nürburgrings mit der Evo-Version umrundet. Wer den Mitschnitt der On-Board-Kamera sieht merkt: Damit ist man in eine völlig neue Dimension auf der wohl schwierigsten Rennstrecke der Welt gestoßen.

5:19,55 min: Das bedeutet eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 233,8 km/h. Bernhard unterbot damit den bisherigen Streckenrekord von Stefan Bellof um 51,58 Sekunden. Dieser Rekord hatte 35 Jahre und 31 Tage Bestand und entstand zu einer Zeit, als die Vorläufer des 919 Hybrid noch Rennen auf diesem Kurs fuhren: Bellof fuhr seinen Rekord am 28. Mai 1983 mit einem 620 PS starken Rothmans Porsche 956 C im Training zum 1000-Kilometer-Rennen. Auch seine Durchschnittsgeschwindigkeit betrug über 200 km/h. Der 1985 in Spa-Francorchamps tragisch verunglückte Gießener galt als das größte Talent seiner Zeit.

© Porsche
Aber auch einem großen Fahrer in seinem Werksteam zollte Porsche Tribut: Timo Bernhard ist fünfmaliger Gesamtsieger des 24-Stunden-Rennens auf dem Nürburgring, zweimaliger Gesamtsieger der 24 Stunden von Le Mans und amtierender Langstrecken-Weltmeister mit dem Porsche 919 Hybrid. Er kletterte stolz und erleichtert aus dem engen Cockpit des Le-Mans-Prototyps. „Der Evo war perfekt vorbereitet, und ich habe alles gegeben auf dieser Runde. Aufgrund des aerodynamischen Anpressdrucks gehen Passagen mit Vollgas, an denen ich mir das zuvor nie vorstellen konnte. Die Nordschleife ist mir ja wirklich vertraut. Aber heute habe ich sie neu kennengelernt“, sagt der 37-Jährige. Er ist ein glühender Verehrer von Stefan Bellof. In Spa-Francorchamps trat er 2015, als sich der Tod Bellofs zum 30. Mal jährte, mit dessen markantem Helmdesign in schwarz-rot-gold beim Sechsstundenrennen der FIA Langstrecken-Weltmeisterschaft an. „Mein Respekt vor seiner Leistung mit der damaligen Technik ist heute noch einmal größer geworden.“

© Porsche
Der Erfolg ist der zweite Streckenrekord für den Porsche 919 Hybrid Evo: Am 9. April 2018 war Neel Jani mit der Weiterentwicklung des dreimaligen Le-Mans-Siegerautos in Spa schneller als die Formel 1 gefahren. Dem 34-jährigen Porsche-Werksfahrer aus der Schweiz – Le-Mans-Gesamtsieger und Langstreckenweltmeister 2016 – gelang auf dem 7,004 Kilometer langen Grand-Prix-Kurs in den belgischen Ardennen eine Runde in 1:41,770 Minuten. Damit blieb er 0,783 Sekunden unter der bisherigen Qualifying-Bestmarke von Lewis Hamilton. Der britische Mercedes-Formel-1-Pilot hatte sich 2017 in 1:42,553 Minuten die Poleposition für den Großen Preis von Belgien gesichert.

Die Evo-Version des Porsche 919 Hybrid basiert auf dem Le-Mans-Gesamtsiegerwagen und WEC-Langstreckenweltmeister der Jahre 2015, 2016 und 2017. Sie wurde von einigen Reglementrestriktionen befreit, ihr Hybridantriebsstrang erzeugt eine Systemleistung von 1160 PS. Der Evo wiegt nur 849 Kilogramm und seine modifizierte, jetzt aktive Aerodynamik generiert über 50 Prozent mehr Abtrieb im Vergleich zum WEC-Modell. Die Spitzengeschwindigkeit am Nürburgring betrug 369,4 km/h.

Das ab 2014 gültige technische Reglement der FIA für die Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC und Le Mans sorgte für ein ausgewogenes Kräfteverhältnis zwischen den konzeptionell sehr unterschiedlichen Klasse-1-Le-Mans-Hybrid-Prototypen von Audi, Porsche und Toyota. Basis für die Vorbereitung des Rekordwagens 919 Evo war der siegreiche 2017er Rennwagen. Ergänzt wurden Entwicklungen, die bereits für die WEC 2018 stattgefunden hatten, aber nach dem Ausstieg aus der Langstrecken-Weltmeisterschaft Ende 2017 brachlagen sowie spezifische aerodynamische Modifikationen.

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Für den Porsche 919 Hybrid Evo blieb die komplette Hardware des Antriebsstrangs unangetastet. Der 919 wird von einem kompakten Zweiliter-V4-Turbobenziner in Kombination mit zwei Energierückgewinnungssystemen angetrieben – Bremsenergie von der Vorderachse und Abgasenergie. Während der Verbrenner die Hinterachse antreibt, wirkt beim Boosten ein E-Motor an der Vorderachse und sorgt für Allradantrieb beim Beschleunigen. Gleichzeitig sammelt der 919 unter Last wieder Energie aus dem Abgastrakt ein, die sonst ungenutzt entweichen würde. Als Zwischenspeicher für den aus Brems- und Abgasenergie gewonnenen elektrischen Strom dient eine flüssigkeitsgekühlte Lithium-Ionen-Batterie. Das Effizienzreglement der WEC limitierte die Energie aus Kraftstoff pro Runde mittels Begrenzung der Durchflussmenge durch einen „Fuel Flow Meter“. Damit leistete der Vierzylinder-Verbrenner rund 500 PS. Frei von dieser Restriktion, ausgestattet mit Software-Updates, aber unter Verwendung des üblichen Rennkraftstoffs (E20 mit 20 Prozent Bioethanol-Anteil), bringt er es in der Evo-Variante auf 720 PS.

Weil auch die erlaubte einsetzbare Energiemenge aus den beiden Rückgewinnungssystemen vom Reglement in Megajoule pro Runde limitiert war, blieben die Systeme deutlich unter ihrem Potenzial. Mit jetzt vollem Boost wuchs die Leistungsausbeute der E-Maschine an der Vorderachse um zehn Prozent von 400 auf 440 PS. Auch aerodynamisch befreiten die Ingenieure die Evo-Version des 919 von einigen Fesseln des Reglements. Der neue und größere Front-Diffusor balanciert den mächtigeren Heckflügel aus; beide sind mit aktiv gesteuerten „Drag Reduction Systemen“ (DRS) ausgestattet. Zur Reduzierung des Luftwiderstands trimmt das hydraulisch betätigte System am vorderen Diffusor die Hinterkante. Am Heckflügel öffnet es den Raum zwischen der Hauptplatte und dem oberen Flügelelement. Unter dem Fahrzeug wurden die Luftleitbleche (aus Kohlefaser gefertigte „Turning Vanes“) und die Form des Unterbodens optimiert. Außerdem steigern feste seitliche Schürzen die aerodynamische Effizienz. In Summe resultieren die Aerodynamik-Maßnahmen in 53 Prozent mehr Abtrieb und eine Effizienzsteigerung um 66 Prozent (im Vergleich zum WEC-Qualifying in Spa 2017).

Zur weiteren Performance-Verbesserung erhielt der Evo ein Vierrad-Brake-by-Wire-System zur zusätzlichen Gierwinkel-Kontrolle. Außerdem wurde die Servounterstützung der Lenkung an die höheren Kräfte angepasst. Zusätzlich wurden die Radträger vorne und hinten verstärkt. Das Leergewicht sank um 39 Kilogramm gegenüber der Rennversion auf 849 Kilogramm. Dafür wurden Klimaanlage, Scheibenwischer, einige Sensoren, die Elektronikeinheit der Regelwächter, die Lichtanlage und die pneumatische Wagenhebervorrichtung entfernt. Michelin entwickelte spezielle Reifenmischungen für den 919 Evo, der mehr Abtrieb erzeugt als ein Formel-1-Rennwagen.

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