GT3-Vergleich Teil 2: 996, 997 und 991

Sechs Generationen im Vergleich

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In Teil 2 unseres großen GT3-Vergleiches auf der Porsche-Teststrecke in Weissach nehmen Chefredakteur und Klassik-Liebhaber Jan-Henrik Muche und Porsche-Test- und Nürburgring-Rekordfahrer Lars Kern die Generationen 997.2, 991.1 und 992.2 unter die Lupe.

997 GT3 II (2009–2011) | Die Leistungszulage

© Roman Rätzke

911 GT3 Typ 997.2

© Roman Rätzke
Motor: Sechszylinder-Boxer Typ M97/77

Hubraum: 3797 ccm

Leistung: 320 kW (435 PS) bei 7600/min

Drehmoment: 430 Nm bei 6250/min

Verdichtung: 12,0 : 1

Getriebe: Sechsgang-Schaltgetriebe Typ G 97/90

Räder/Reifen: 8,5 J x 19 mit 235/35 ZR 19 vorn, 12 J x 19 mit 305/30 ZR 19 hinten

Zul. Gewicht: 1680 kg

Höchstgeschwindigkeit: 312 km/h

Beschleunigung 0–100 km/h: 4,1 s

Preis: 116.947 Euro (2009)

Pling, plong – dissonant knisternd und knackend kühlt der GT3 neben der langen Geraden auf der Weissacher Teststrecke ab, an den indischroten Flanken klebt Reifenabrieb. Ja, wir sind schnell gefahren. „Der 997 II ist schon extrem. Hübscher gemacht als die Typen davor, eigentlich ja nur eine Evolutionsstufe, aber viel mehr Renn- als Straßenauto. Die Bedienkräfte sind deutlich höher als beim Vorgänger, die Kupplung kommt aus dem Motorsport.“ Die Begeisterung für das Biest 997 GT3 der zweiten Generation ist Lars Kern deutlich anzumerken – der Sport-Elfer mit dem 3,8-Liter-Motor ist ihm von allen GT3 der liebste. Es stimmt schon: In der Summe seiner Eigenschaften, und im Überblick von fast 20 Jahren GT3-Entwicklung, scheint der rund zehn Jahre alte GT3 3.8 beinahe ideal. Er wiegt so viel wie der 997 GT3 I und verfügt doch über 197 ccm mehr Hubraum, 20 zusätzliche, hochverdichtete PS und 25 Nm mehr Drehmoment. Mit 312 km/h Spitze ist er kaum langsamer als der GT3 der neuesten Generation, beim Öffnen der hinteren Haube ist noch etwas Motor zu sehen. Zudem gibt es ihn nur mit Schaltgetriebe, was eine romantisch anmutende Note hinzuaddiert.

Den schmalen Grat zwischen Anmut und Performance beschreitet er trittsicher. Der Qualitätsgewinn bei Material, Machart und Haptik, Alcantara und dicken Teppichen ist greifbar, mit Clubsportpaket, Käfig und Feuerlöscher im Beifahrerfußraum ist er auch für die Rennstrecke perfekt ausgerüstet. Bei all seiner Rauheit ist die große PCCB-Bremse schon Pflicht und nicht mehr Kür, und was zunächst wie Schnickschnack aussieht, macht auf den zweiten Blick Sinn – so wie die schnell zu wechselnden Zentralverschlussräder, die adaptiven, Schwingungen fressenden Motordämpfer, Querdynamikregelung und Traction Control. Sie ist der Fallschirm „für die Leute, die damit am Wochenende auf die Rennstrecke gehen“.

991 GT3 (2013–2015) | Der Neuanfang

© Roman Rätzke

911 GT3 Typ 991.1

© Roman Rätzke
Motor: Sechszylinder-Boxer Typ M106

Hubraum: 3799 ccm

Leistung: 350 kW (475 PS) bei 8250/min

Drehmoment: 440 Nm bei 6250/min

Verdichtung: 12,9 : 1

Getriebe: Siebengang-PDK Typ CG 1.95

Räder/Reifen: 9 J x 20 mit 245/35 ZR 20 vorn, 12 J x 20 mit 305/30 ZR 20 hinten

Zul. Gewicht: 1720 kg

Höchstgeschwindigkeit: 315 km/h

Beschleunigung 0–100 km/h: 3,5 s

Preis: 137.303 Euro (2013)

Der GT3 in seiner fünften Auflage ist eine Zäsur, der erste einer ganz neuen Generation – und der Abschluss mit der Vergangenheit. Im Gegensatz zu all seinen Vorgängern, 14.145 Einheiten der Baureihen 996 und 997 wurden produziert, in deren Tiefe des Hubraums noch das luftgekühlte Erbe in Form des Mezger-Motorblocks steckt, basiert der GT3 von 2013 auf der aktuellen 991-Baureihe mit Direkteinspritzer-Motoren. Während der Vierliter-Boxer mit seinem Einmassen-Schwungrad im Leerlauf kämpferisch rasselt und mahlt, sucht der Fuß das Kupplungspedal und findet die Hand den Wählhebel. Auch das ist neu: PDK ist beim 991 GT3 Pflicht. 102 mm mehr Radstand stecken drin, ein pneumatisches Frontliftsystem hilft dem tief liegenden GT3 über die Schwellen und Rampen des Alltags, die Schaltpaddles am Lenkrad sind für die Piste.

„Um richtig schnell zu sein, ist das PDK perfekt. Die Lenkung ist zwar nicht ganz so scharf wie beim 997 II, aber über Bremse und Gas hat man auf der Rennstrecke alle Eingriffsmöglichkeiten“, erklärt Lars Kern. Wo der Fachmann auf die Suche nach Zehntelsekunden geht, sieht sich der Normalfahrer bereits am Zenit seiner Möglichkeiten – dieser GT3 ist viel zu schnell, zu spitz, als dass Nicht-Profis seine Grenzen entdecken würden. Dafür serviert er erneut etwas mehr Komfort, glänzt mit bequemen Sitzen und einem feinen Innenraum, der sich weiter entfernt vom ersten GT3 anfühlt, als es die kaum 15 Jahre vermuten lassen würden. Ganz anders der Motor, dessen roter Bereich erst bei 9000/min beginnt. Das extreme Hochdrehzahl-Konzept bestimmt den Umgang mit dem 991 GT3, immer heller, metallischer kreischend fräst er sich durchs Ohr der Insassen dem PS-Gipfel von 475 PS bei 8250/min entgegen. Perfektion und Emotion liegen hier ganz nah beieinander.

991 GT3 II (seit 2017) | Der Supersportler

© Roman Rätzke

911 GT3 Typ 991.2

© Roman Rätzke
Motor: Sechszylinder-Boxer Typ DGGA

Hubraum: 3996 ccm

Leistung: 368 kW (500 PS) bei 8250/min

Drehmoment: 460 Nm bei 6000/min

Verdichtung: 13,3 : 1

Getriebe: Sechsgang-Schaltgetriebe Typ G9190 (Siebengang-PDK Typ CG192)

Räder/Reifen: 9 J x 20 mit 245/35 ZR 20 vorn, 12 J x 21 mit 325/30 ZR 21 hinten

Zul. Gewicht: 1760 kg (1777 kg)

Höchstgeschwindigkeit: 318 km/h (320 km/h)

Beschleunigung 0–100 km/h: 3,4 s (3,9 s)

Preis: 152.416 Euro (2017)

Die Rekordrunde auf der Nordschleife wurde zum viralen Hit: Nach einer Woche Vorbereitung stand die neue Fabelzeit von 7,12 min für 911-GT3-Fahrzeuge zu Buche, rund 13 Sekunden weniger als beim Vorgängermodell. „Wir wussten, dass wir gut dabei sind, aber diese Zeit hat niemand erwartet“, berichtet Lars Kern, der damals am Steuer saß. „Und dabei war der Wagen gar nicht besonders vorbereitet, schön fahrbar sollte er sein.“ Aber ja, natürlich steht auch nach dieser Fahrt fest: „Da sind noch mehr Sprünge drin.“ Der erste und größte ist beim aktuellen Modell der vom GT3 Cup abgeleitete 4,0-Liter-Motor, der 500 PS und massige 460 Nm bei hochfrequenten 6000/min leistet. Mit Mischbereifung an Vorder- und Hinterachse, der abhängig von der Geschwindigkeit arbeitenden Hinterachslenkung, Hinterachs-Quersperre und dynamischen Motorlagern steckt wirklich alles drin, was einem Sportfahrer-Einsatz auf der Rennstrecke dient. Tatsächlich fühlt sich das Gesamtpaket benutzerfreundlicher an. Das gestiegene Drehmoment hilft am Kurvenausgang, die Lenkung liegt fest und präzise in der Hand, der Gesamteindruck ist weniger spitz.

Dass nun wieder Saugmotor und Schaltgetriebe kombiniert werden können, verbucht Kern unter der Rubrik Gefühl: „Vorher lag der Schwerpunkt beim GT3 in erster Linie auf der Performance, jetzt ist auch Emotionalität drin.“ Zum großen Auftritt gehören auch 18-Wege Sportsitze mit feinen Nähten und GT3-Schriftzügen, Fliegengitter im Spoiler und die großen Hutzen vor dem Heckspoiler. Gewöhnungsbedürftig, aber faszinierend: Ähnlich wie beim PDK kann der Fahrer beim manuellen Schaltvorgang auf dem Gas bleiben. Mit dem 991 GT3 II lässt sich in jeder Hinsicht leichter schnell fahren als mit dem Vorgänger.


Lesen Sie das Fazit und die Meinungen der beiden Autoren in Ausgabe 1-2018 - und genießen Sie noch mehr Fotos.

© Roman Rätzke
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