Dunlop-Ingenieure zum neuen GT3-Reifen

Ein ganz spezieller Auftrag

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Dunlop ist wieder als Erstausrüster bei Porsche an Bord. PORSCHE FAHRER sprach mit den Entwicklungsingenieuren Helmut Fehl und Markus Happel über die Arbeit an dem Reifen für den neuen 911 GT3. Zweiter Reifenhersteller für die Werksausrüstung ist Michelin. Der letzte Porsche, für den Dunlop einen Reifen entwickelt hatte, war der Porsche 993. Bei der Arbeit beim GT3-Projekt ging es nicht nur drum, den Wagen besonders schnell zu machen.

© Dunlop
Der Dunlop Sport Maxx Race in Porsche-Spezifikation  in der Dimension 245/35 ZR20 (91Y) N0 an der Vorderachse und 305/30 ZR20 (103Y) XL N0 an der Hinterachse ist eine deutsche Entwicklung, im Entwicklungszentrum in Hanau bei Frankfurt arbeiten inklusive der Testmannschaft fast 200 Leute. Hier werden alle Pkw-Straßenreifen entwickelt. Darunter waren auch immer Dimensionen für Porsche-Fahrzeuge im Austauschgeschäft.

Dunlop lässt mit dem GT-3-Projekt eine länger brach liegende Partnerschaft aufleben. Der neue Dunlop gilt in seinem Umfeld als ein Reifen, der im Alltag solche Reserven hat, dass er auch im normalen Straßenbetrieb gut gefahren werden kann.  Damit nimmt er etwas auf, was die neue Generation des Porsche 911 GT3 auszeichnet: Sie ist nicht nur sportlicher, sondern vor allem alltagstauglicher geworden.

Wird der Reifen als eines der wichtigsten Teile immer noch unterschätzt?
Helmut Fehl (lacht): Das ist nicht nur ein Thema, das bisher unterschätzt wurde, das wird immer unterschätzt, denn er stellt den einzigen Kontakt zur Straße her.

Wie hat sich die Entwicklung von Straßenreifen in den vergangenen Jahrzehnten verändert?
Helmut Fehl: Ein besonders aktueller Trend ist der Rollwiderstand. Auch das Thema Bremsen gehört dazu, vorher waren es eher Dinge wie Lebensdauer oder das Verhalten bei Nässe.
Markus Happel: Beim GT3 standen aber die Trockenperformance und die Rennstreckentauglichkeit im Vordergrund.

© Porsche
In welchen Bereich erzielte die Reifenindustrie in den vergangenen Jahren den größten Entwicklungsfortschritt?
Markus Happel: Es sind vor allem die Mischungen, die im Vordergrund stehen. Nur damit lassen sich die neuen Ansprüche wie etwa beim Rollwiderstand umsetzen. Auch die Performance, die wir beim GT3 für die Rennstrecke brauchen, erzielen wir vor allem über die Mischung.

Gibt es ein Material, das in der Fertigung der Mischung eine besondere Rolle spielt?
Markus Happel: Es gibt nicht unbedingt neue Materialien, aber man entwickelt zielorientierter. Es gibt Reifen, wie hier für den GT3, die werden besonders auf Trockenperformance hin entwickelt. Da sind natürlich andere Bestandteile in der Mischung, als in denen für normale Fahrzeuge.

Welche Materialien kommen in einem Reifen wie dem für den GT3 zum Einsatz?
Helmut Fehl: Es ist fast schon eine Rennsportmischung, die wir hier verwenden. Wir haben sehr hohen Gripp, aber durchaus auch eine akzeptable Performance bei Nässe.

Was bedeutet Rennsportmischung?
Helmut Fehl: Es ist nicht die Art der Materialien, die eine Rennsportmischung von einer normalen Mischung unterscheidet, sondern die Art der Zusammenstellung. Solche Mischungen sind zum Beispiel weicher, um mehr Gripp zu bieten.
Markus Happel: Wir arbeiten viel mit Harzen, da kann man von einer Mischung mehr verwenden, um eben den gewünschten Effekt zu erzielen. Wir nehmen von einem Harz eine bestimmte Menge und erproben das dann auf der Strecke. Bei Mischungen für Autos auf der Straße kommen ganz andere Harze zum Einsatz, weil da der Gripp nicht im Vordergrund steht. Da gibt es andere Kriterien wie Dauerhaltbarkeit.

© Dunlop
Wenn wir beim Thema Dauerhaltbarkeit sind: Welche Laufleistung erreicht so ein Reifen für einen GT3?
Helmut Fehl: Das kommt natürlich darauf an, was man mit dem GT3 macht. Wenn man auf der Rennstrecke unterwegs ist, ist sie natürlich wesentlich kürzer als im normalen Betrieb.
Markus Happel: Im Vergleich zu einem normalen Straßenreifen liegt die Laufleistung etwa bei 80 Prozent.
Helmut Fehl: Unserem Reifen kommt zu Gute, dass er relativ wenig Rillen hat und dafür große Blöcke. Deshalb stellt er viel Gummi zur Verfügung. Dadurch ist der Druck niedrig und damit auch der Abrieb.

Der letzte Reifen, den Dunlop speziell auf Porsche-Bedürfnisse hin entwickelte, war für den 993. Wie kam es nun zur erneuten Zusammenarbeit?
Markus Happel: Das ist natürlich auch eine strategische Entscheidung. Man kann nun nicht alle Fahrzeughersteller bedienen. In den letzten Jahren hat man sich dazu entschieden zu zeigen was die Firma kann und wozu wir technisch in der Lage sind. Da kann man sich natürlich nur eine Firma wie Porsche raussuchen, weil das das obere Niveau ist.

Doch die Stückzahl an Reifen, die sich verkaufen lässt, ist nicht sehr hoch. Vom GT3 wurden bisher über alle Versionen hinweg nur etwas über 10.000 Exemplare gefertigt.
Markus Happel: Das ist natürlich auch eine Imagefrage. Seine Kompetenz kann man nur auf einem Modell wie einem Porsche beweisen.

Spielt man dann überhaupt die Entwicklungskosten herein?
Markus Happel: Das ist schwierig. Es gibt Hersteller, die sind den Weg in den Motorsport gegangen, wir nehmen uns die stärksten Serienfahrzeuge vor. Da ist Porsche einer von denen, die wir uns herausgesucht haben. Wir haben ja auch noch die Firma AMG, bei Audi in der Quattro-GmbH sind wir ebenfalls dabei. Nur wenn es ab Werk verbaut wird kann man auch sagen, dass der Reifen dafür entwickelt wurde.

© Dunlop
Wer kam auf wen zu?
Markus Happel: Der Kontakt ist nie abgebrochen, doch es hat nie in die Strategie gepasst. Porsche hatte diesmal noch einen Hersteller gesucht und man hat schnell gesehen, dass es positiv läuft und in die richtige Richtung geht.

Welchen Teil übernahm Porsche bei der Entwicklung, welchen Dunlop?
Markus Happel: Porsche stellte die Testfahrzeuge zur Verfügung, die Testfahrer arbeiteten Hand in Hand.
Helmut Fehl: Es wurden meistens gemeinsame Test gemacht. Wir haben eine Vorauswahl getroffen, denn wir hatten mehrere Versionen in einer Entwicklungsschleife Dann wurde mit Porsche getestet, um ein finales Urteil zu erhalten. Dann ging es weiter in die nächste Entwicklungsschleife.
Markus Happel: Es wurden nicht nur Abstimmungsfahren durchgeführt, Porsche stelle uns die notwendigen Daten zur Verfügung, was etwa die Fahrzeuggeometrie angeht, damit wir den Reifen optimal konstruieren konnte. Dinge wir Spur- und Sturzwerte waren uns natürlich schon bekannt.

Worin bestanden beim GT3 die besonderen Herausforderungen etwa im Vergleich zum AMG?
Helmut Fehl: Das sind zwei ganz unterschiedliche Fahrzeugkonzepte. Das ist immer das Problem, wenn man etwas für Porsche macht: Das ganze Konzept muss umgedreht werden. Durch Motor und Getriebe liegt das ganze Gewicht hinten.
Markus Happel: Dadurch, dass wir lange Jahre nicht mit Porsche zusammengearbeitet haben, mussten wir natürlich auch die Philosophie kennenlernen. Wir mussten lernen, wie der Wagen auf diese Fahrwerks-Werte reagiert. Das war für uns die größte Herausforderung, aber das hat gut geklappt.
Helmut Fehl: Der Reifen wird ganz anders beansprucht, der Schwerpunkt liegt an einer ganz anderen Position, die ganze Fahrzeugbalance ist eine ganz andere, dafür muss man auch ein neues Konzept für den Reifen finden. Bei einem Wagen wie einem Audi oder einem AMG ist das einfacher, weil das konventionelle Fahrzeuge sind und das deshalb an fast jedem Wagen funktioniert. Porsche ist in der Hinsicht sehr speziell.

©
Und was kennzeichnet dann so einen speziellen Porsche-Reifen?
Markus Happel: Das sind viele Dinge. Das fängt mit der Kontur an, die Materialien, die Winkel, die in dem die einzelnen Lagen im Reifen drin sind.

Ist er auch straffer?
Markus Happel: So kann man das nicht sagen. Er ist einfach speziell darauf abgestimmt.
Helmut Fehl: Wir verwenden Kevlar und hochfesten Stahl wegen den hohen Leistungen, die auf den Reifen wirken. Es ist eine Abdecklage enthalten aus einem Hybrid-Material, das aus einer Mischung von Nylon, Kevlar und Aramid besteht. Je nachdem, wie die eingebracht werden, kann man die Performance des Reifens tunen.
Markus Happel: Wichtig sind die Abstimmungsfahrten. Geht es in die Richtung, die die Fahrer sagen? Wenn ja, wird derjenige Reifen weiterentwickelt.

Wie lange dauerte die Entwicklung?
Markus Happel: Das dauerte etwa eineinhalb Jahre.

Viel Ingenieursarbeit für ein Auto, von dem vielleicht nur wenige tausend Stück gebaut werden?
Markus Happel: Porsche ist ja auch ein Auto für die Rennstrecke. Es gibt eine große Fangemeinde, die an Clubsport-Events teilnimmt. Insofern erhofft man sich dadurch natürlich einen höheren Absatz. Und wir hoffen natürlich auch, den Wettbewerbern etwas wegnehmen zu können.

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