André Lotterer

Hausbesuch

Teilen
Manchmal muss man Glück haben! In seinem vollgepackten Rennkalender, zwischen Trainingseinheiten und Testbetrieb, hat Porsche-Werksfahrer André Lotterer noch Zeit für uns gefunden. Wir besuchten ihn in seinem Haus in Suüdfrankreich, redeten über Rennen, Autos und die Welt.
André Lotterer
© Frank Camuzat

Das Jahr 2023 bringt eine neue Herausforderung für André Lotterer. Der dreifache Le-Mans-Sieger auf Audi, der seit 2020 Formula-e im Werksteam TAG-Heuer Porsche fährt, wird in der nächsten Saison seine Formula-e-Einsätze eine Stufe zurückschrauben. Den Großteil seiner Energie wird eine neue Mission beanspruchen: Lotterer gehört zum Fahrerteam des 963 in der World Endurance Championship in der Klasse LMDh, wo es um den Gesamtsieg geht.

Die Konkurrenz ist groß; es ist schon lange her, dass so viele Hersteller sich an der Meisterschaft beteiligten. Die Veranstalter ACO und WEC haben mit einem Balance-of-Performance-Konzept, standardisierter Hybrid-Technik und Regeln für Wirkungsgrad, Gewicht und Aerodynamik gleiche Startbedingungen für alle geschaffen.

„Es wird eine gewisse Umstellung geben,“ sagt André Lotterer, „es sind nicht mehr dieselben Autos wie die LMP1-Prototypen, es geht etwas langsamer, die Autos sind schwerer, haben weniger aerodynamische Hilfen, fahren sich also auch anders. Ich denke, es wird auf Zuverlässigkeit und ein gutmütiges Auto ankommen, denn es wird nicht mehr so ein technisches Wettrüsten geben wie vorher. Entscheidend wird sein, ein gut vorbereitetes und optimal abgestimmtes Auto zu haben. Die Technik selbst ist jetzt einfacher. Die LMP1 waren ja schon Raumfahrttechnik! Das kann sich heute keiner mehr leisten.“ Die Meisterschaft 2023 wird sicherlich auch eine Angelegenheit der Fahrer, die Duelle versprechen spannend zu werden.

André Lotterer Rennfahrer
© Frank Camuzat

André Lotterer: VOM 911 SC/RS INS WERKSTEAM

Die Marke Porsche gehört bei Lotterers zur Familiengeschichte. André wird im November 1981 in Duisburg geboren: die Mutter ist Deutsche, der Vater ein in Deutschland ansässiger Peruaner. André Lotterer wächst in Belgien auf, wo sein Vater Henri beim Rennteam RAS Sport arbeitet. „Als technischer Leiter durfte er meine Mutter und mich immer mit an die Rennstrecke nehmen, und ich durfte in der Werkstatt zwischen den Autos spielen. Ich bin in dieser Zauberwelt groß geworden. Manchmal kam mein Vater mit Rennwagen nach Hause, um sie Probe zu fahren“, sagt André.

„Einmal tauchte er mit einem 911 SC/RS, dem Belga, auf und setzte mich am nächsten Morgen damit an der Schule ab. Er bereitete auch die Porsche 964 für die Procar-Meisterschaft vor. Sie hatten sogar einen GT1 für die Meisterschaft 1996 angeschafft. Es standen oft Porsche in der Werkstatt.“ Und dazwischen auch ein paar Audi. „Ich mag beide Marken. Ich habe auch einen Audi Sport Quattro. Ich bin ein Fan des Fünfzylinders und seiner ganzen Rallye-Historie, aber der 911 liegt mir noch mehr.“

Porsche 911 Carrera RS Andre Lotterer
© Frank Camuzat

Schon stellt man sich vor, dass der Weg vom kleinen Jungen aus der Werkstatt zum Porsche-Werksfahrer vorgezeichnet war, aber André Lotterer weist bescheiden darauf hin, dass das Rennsportmilieu nicht ganz so funktioniert: „Man kann sich sowas in seiner Laufbahn selten aussuchen. Mein Glück war, dass mein Vater mich mit sieben Jahren zum Kartrennen geschickt hat. Von dort habe ich mich Stück für Stück hochgearbeitet und Karriere gemacht. Ich bin viele Jahre in Japan gefahren, und dann hatte ich diese Gelegenheit, 2009 in einem Privatteam mit dem R10 TDI aus dem Vorjahr in Le Mans zu fahren. Das lief sehr gut. Zu meinem Glück waren Audi-Ingenieure im Team, die den Motor des Autos betreuten. Und weil ich gut gearbeitet habe, bin ich denen aufgefallen.“

Nach seinem ersten Start in Le Mans hätten sie ihn angesprochen, sagt André. „‚Wir brauchen jemanden wie dich im Werksteam, hättest du Lust?‘, fragten sie. Na klar! Ich hatte parallel eine schöne Karriere in Japan, die ich wirklich nicht aufgeben wollte, aber ich hatte mir schon immer gesagt, dass es toll sein müsste, für Audi in Le Mans zu starten, und jetzt ging der Wunsch in Erfüllung. Ich bekam ein Werkscockpit und ich hatte Erfolg. Als Audi sich nach der Saison 2016 zurückzog, hätte ich zu Toyota gehen können – mit denen konnte ich gut, denn ich bin lange in Japan für sie gefahren. Aber dann bekam ich ein Angebot von Porsche auf den Tisch. Etwas weniger lukrativ vielleicht, aber ich wollte wirklich für Porsche fahren, für diesen Mythos. Besonders in Le Mans. Also habe ich mich für meinen Wunschtraum entschieden.“

André Lotterer Porsche
© Frank Camuzat

André Lotterer NEBEN DER STRECKE

Die Leidenschaft André Lotterers für Porsche richtet sich nicht nur auf den Rennwagen in der Box – sie reicht bis in die eigene Garage. „Ich war erst 18, als 2000 der Carrera GT vorgestellt wurde. Ich war voller Bewunderung und sagte mir, eines Tages willst du auch so einen haben …“ Hat geklappt! Heute gehört ein Carrera GT zu seiner Sammlung. Er beweist Lotterers Liebe zu seinem Porsche – auch wegen einer unglücklichen Geschichte, die sich in Spa ereignete.

André war mit seinem ersten GT zu den Porsche Days eingeladen und startete aus den alten Boxen heraus zu einer Runde. Auf dem Raidillon der Eau Rouge angekommen, überraschte ihn eine Lache Kühlflüssigkeit. Das Heck rutschte weg und der Wagen schlug in die Mauer ein. Carrera GT standen zum Glück gerade hoch im Kurs, und er konnte den Unfallwagen ohne großen Verlust verkaufen (von der Versicherung war nichts Adäquates zu erwarten). „Aber ich war todtraurig, denn ich hatte meinen Traumwagen verloren“, erzählt er.

„Also habe ich gesucht und gesucht, aber die Preise stiegen und stiegen. Erst seit zwei Jahren habe ich wieder einen Carrera GT, dieses Mal will ich ihn behalten. Das Auto ist schließlich einzigartig mit seinem V10-Motor. Es sollte mal ein Rennwagen werden, und dann wurde es ein Straßenauto. Das Fahrerlebnis ist sehr pur, sehr ursprünglich, so wie ich es mag. Ein echtes Fahrerauto halt! Ich fahre ihn bei schönem Wetter, auch mal zum Spazierenfahren, oder mit Besuch. Es ist kein Gebrauchswagen für den Weg zum Flughafen, aber auch keine Garagenqueen ...“

Porsche 911 Carrera RS orange
© Frank Camuzat

Und es ist auch nicht sein erster Porsche. 2012 fuhr er noch für Audi, aber er liebäugelte schon mit klassischen Porsche. Erst gab es einen Reinfall mit einem Carrera 2.7 RS von zweifelhafter Echtheit. Den ersten gab er zurück und fand bei den Le Mans Classic einen anderen Wagen mit wenig betörendem Farbschema, aber sauberer Historie: Grün mit gelben Streifen und Felgen, von Touring auf Leichtbau umgebaut. Und am Ende der Veranstaltung unverkauft.

OK, der Motor war nicht original, aber das Auto schon: der RS 2.7 trug die Fahrgestellnummer 27. „Ich habe etwas nachgeforscht. Habe die Originalfarbe und die Vorgeschichte rausgefunden – und dann zugegriffen. Ich wollte schon länger einen Klassiker.“

DEN RICHTIGEN FINDEN

„Ich war damals noch ziemlicher Anfänger.“ André tastete sich an die Restaurierung heran und wandte sich erst an jemanden, der gute handwerkliche Fähigkeiten, aber keine große Ahnung von Porsche hatte. „Ich habe schnell gemerkt, dass das nicht der richtige Weg war.“ Dann richtete er sich an renommierte Porsche-Spezialisten, aber die vergaben die Arbeit an einen Subunternehmer. „Es ging nicht voran, ich hatte bald die Schnauze voll!“

In der Zwischenzeit war er Porsche-Werksfahrer geworden und fühlte bei Porsche Classic vor. „Sie waren sehr interessiert, schon wegen der frühen Fahrgestellnummer, so eine hatten sie noch nicht gehabt. Leider waren sie zu teuer für mich.“

Porsche 911 Carrera RS orange Pool
© Frank Camuzat

Ein Besuch bei DPM Classics in Monaco brachte ihn schließlich auf die richtige Fährte: „Ich bin ich zu David Hervé von RV Classics nach Rennes hochgefahren, und ich hatte überhaupt keine Zweifel, dass er der Richtige war, um ihm mein Auto anzuvertrauen“, sagt André. „Das Tolle war, dass es so viel zu recherchieren gab.“

Und der 911 Carrera RS 2.7 erwies sich als speziell, wie David Hervé ergänzt ...


Den gesamten Bericht mit weiteren Bildern finden Sie in unserer Ausgabe 2-2023

Text: Josué Chevrel · Übersetzung: Thomas Albrecht

Ähnliche Artikel
Artikel teilen

Bitte wählen Sie eine Plattform, auf der Sie den Artikel teilen möchten:

Beitrag melden

    Ihr Name

    Ihre E-Mail-Adresse

    Bitte beschreiben Sie kurz, warum dieser Beitrag problematisch ist

    [honeypot company]


    xxx
    Newsletter-Anmeldung

    * Pflichtfeld

    ** Der HEEL Verlag erhebt Ihre Daten zum Zweck des kostenlosen E-Mail-Newsletters. Die Datenerhebung und Datenverarbeitung ist für die Durchführung des Newsletters und des Informationsservice erforderlich und beruht auf Artikel 6 Abs. 1 a) DSGVO. Zudem verwenden wir Ihre Angaben zur Werbung für eigene und HEEL-verwandte Produkte. Sie können sich jederzeit vom Newsletter abmelden. Falls Sie keine Werbung mehr auf dieser Grundlage erhalten wollen, können Sie jederzeit widersprechen. Weitere Infos zum Datenschutz: ds.heel-verlag.de