Die Aerodynamik des neuen 911 Turbo S

Porsche Active Aerodynamics

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Stärker, fahrdynamischer und komfortabler denn je: Der neue 911 Turbo S soll zahlreiche Maßstäbe setzen. Das gilt auch für die adaptive Aerodynamik, die Porsche bei seinem Top-Elfer weiter ausgebaut hat.

Porsche Active Aerodynamics (PAA) passt die aerodynamischen Eigenschaften des Fahrzeugs jetzt noch präziser auf die jeweilige Fahrsituation, die Geschwindigkeit und das gewählte Fahrprogramm an. Seine Weltpremiere hat PAA mit der vorherigen, 2014 vorgestellten Generation des 911 Turbo gefeiert. Inzwischen verfügen alle Modellreihen vom 718 bis zum Panamera und Taycan über aktive Aerodynamik-Elemente.

„So aerodynamisch flexibel wie der neue 911 Turbo S reagiert kein anderer Sportwagen auf unterschiedliche Situationen. Normalerweise stehen wir Aerodynamiker vor einem Dilemma: Ein geringer Luftwiderstand ist wünschenswert für Höchstgeschwindigkeit und Verbrauch, ein hoher Abtrieb hingegen ist für die Fahrdynamik von Vorteil. Beide Eigenschaften stehen aber im Widerspruch“, erläutert Dr. Thomas Wiegand, Leiter der Aerodynamik-Entwicklung bei Porsche. „PAA hebt diese aerodynamischen Zielkonflikte auf. Die umfangreiche Erweiterung des intelligenten Systems beim 911 Turbo S ermöglicht eine noch größere Spreizung zwischen den Aerodynamik-Konfigurationen für optimale Fahrdynamik und minimalem Luftwiderstand. Zudem wird das Potenzial der Aerodynamik ausgebaut, in jeder Fahrsituation spezifische fahrdynamische Ansprüche zu unterstützen.“

Porsche 911 Turbo Aerodynamik
© Porsche AG

Neu sind aktive Kühlluftklappen. Zusammen mit der variablen Lippe des Bugspoilers und dem ausfahr- sowie kippbaren Heckflügel besitzt das neue Top-Modell damit insgesamt drei aktive Aerodynamik-Komponenten. Damit wird zusätzlich zu den aus dem Vorgänger bekannten aerodynamischen Grundkonfigurationen des 911 Turbo „PAA Speed“ und „PAA Performance“ noch eine Eco-Konfiguration ermöglicht.

Erweitert wurde PAA außerdem um die Wet-Mode-Funktion, welche für mehr Fahrstabilität bei nasser Fahrbahn die aerodynamische Balance in Richtung Hinterachse verschiebt, sowie die Airbrake-Funktion, die bei einer Vollbremsung aus hoher Geschwindigkeit für höheren Luftwiderstand und mehr Anpressdruck sorgt und somit für einen kürzeren Bremsweg und mehr Fahrstabilität. Weiterhin wird PAA genutzt um die geänderte Fahrzeug-Umströmung bei geöffnetem Schiebedach oder Cabriolet-Verdeck zu berücksichtigen. Insgesamt lassen sich dadurch acht aerodynamische Konfigurationen unterscheiden, die jeweils durch eine spezifische Kombination der aktiven Aerodynamik-Komponenten beschrieben sind.

Nicht nur die Anpassung an die Anforderungen im Fahrbetrieb wurde verbessert, auch die aerodynamischen Eigenschaften selbst: So wurde durch die Neugestaltung des aktiven Bugspoilers und des Heckflügels ein um 15 Prozent höherer Abtrieb erreicht, der für noch mehr Fahrstabilität und -dynamik im höheren Geschwindigkeitsbereich sorgt. Der maximale Anpressdruck in der Performance-Stellung (Sport-Plus-Modus aktiviert) beträgt jetzt rund 170 Kilogramm.

Je nach aerodynamischer Einstellung variiert der Luftwiderstandsbeiwert des 911 Turbo S. Die effizienteste Konfiguration mit dem minimalen cW-Wert von 0,33 wird mit geschlossenen Klappen sowie eingefahrenem Bug- und Heckspoiler erreicht.

911 Turbo Aerodynamik: Die Kühlluftklappen

Porsche 911 Turbo Aerodynamik
© Porsche AG
Kühlluftklappen geschlossen

Weniger Fahrwiderstand und damit einen geringeren Kraftstoffverbrauch ermöglichen die neu entwickelten geregelten Kühlluftklappen. Die Klappen befinden sich im rechten und linken Lufteinlass der Bugverkleidung. Sie sind stufenlos verstellbar und regeln den Kühlluftdurchsatz durch die Wasserkühler.
Ein intelligentes Energiemanagement wägt ab zwischen dem momentanen Kühlungsbedarf, der zum Betrieb des Kühlerlüfters erforderlichen elektrischen Leistung und dem aerodynamischen Vorteil der Kühlluftklappen. Ab einer Fahrgeschwindigkeit von 70 km/h wird dadurch die Kühlluftklappe so weit wie möglich geschlossen. Dadurch wird ein Verbrauchsvorteil im täglichen Fahrbetrieb erreicht.

911 Turbo S Porsche Active Aerodynamics (PAA)
© Porsche AG
Kühlluftklappen geöffnet

Ab einer Geschwindigkeit von 150 km/h öffnen die Klappen linear zugunsten einer optimalen aerodynamischen Balance bei hoher Fahrgeschwindigkeit. In den Fahrprogrammen Sport, Sport Plus und im Wet Mode sowie bei deaktiviertem Porsche Stability Management (PSM) oder gedrückter Spoiler-Taste wird ebenfalls die Fahrdynamik priorisiert und die Kühlluftklappen werden deshalb geöffnet.

Der Bugspoiler: pneumatischer Antrieb einzelner Segmente

Der aktive Bugspoiler des 911 Turbo ist deutlich weiterentwickelt worden. Die aerodynamische Wirkfläche ist im Vergleich zum Vorgänger vergrößert worden. Der Ein- und Ausfahrvorgang kann nun mit weniger Druck in kürzerer Zeit erfolgen. Mit Hilfe von Aktuatoren lassen sich drei Segmente separat aufblasen. Die beiden äußeren Aktuatoren arbeiten immer synchron. Der Bugspoiler besteht aus einem elastischen Kunststoff (Elastomer) und kann sich so verdrehen, dass das mittlere Segment bei ausgefahrenen äußeren Segmenten jeweils eingefahren oder ausgefahren werden kann. Es gibt mehrere Verstellmöglichkeiten:

© Porsche AG
Bugspoilerlippe ausgefahren, Kühlluftklappen geöffnet
  • In der Grundstellung ist die Spoilerlippe komplett eingefahren und wird durch die Vorspannung des Elastomers sowie durch Magnete am Unterboden des 911 Turbo S fixiert.
  • In der Position „Speed“ werden nur die beiden äußeren Bereiche der Lippe ausgefahren. Die Luft wird dadurch verstärkt um die Karosserie herumgeleitet und der Auftrieb an der Vorderachse verringert.
  • In der Position „Performance“ ist die Lippe in allen drei Segmenten ausgefahren. Diese Stellung bietet eine Performance-orientierte Aerodynamik mit größtmöglichem Abtrieb an der Vorderachse. In dieser Position ist in der Mitte der Spoilerlippe zudem der geprägte Schriftzug „911 turbo S“ sichtbar.

Steuereinheit und Luftkompressor sind seitlich im Kofferraum verbaut. Das Pneumatik-Modul fällt kompakter aus als beim Vorgänger. Dadurch bietet der Kofferraum drei Liter mehr Volumen. Die variable Bugspoilerlippe vergrößert zugleich den Böschungswinkel vorn und dient damit der Alltagstauglichkeit: In der Grundposition erhöht sich die Bodenfreiheit, etwa für Parkmanöver oder das Überfahren von Geschwindigkeitsschwellen („sleeping policeman“).

911 Turbo Aerodynamik: Der Heckflügel

© Porsche AG
Heckflügel eingefahren

Konsequenter Leichtbau kommt beim Heckflügel zum Einsatz: Das markante Turbo-Merkmal wiegt 440 Gramm weniger als das entsprechende Bauteil des Vorgängers, weist dabei aber eine um acht Prozent größere wirksame Fläche auf. Die Basis des Flügels bildet ein Schaumkern mit Schmiede-Inserts. Der Aufbau besteht aus einer Oberseite mit zwei Lagen kohlefaserverstärktem Kunststoff (Biaxial-CFK-Gelege) und einer Unterseite mit einer Lage glasfaserverstärktem Kunststoff (Triaxial-GFK-Gelege). Die elektrische Verstellung des Flügels – möglich sind Ausfahren und Kippen – erfolgt primär abhängig von der Geschwindigkeit und dem gewählten Fahrmodus.
In Abhängigkeit der Fahrprogramme kommen zu den bekannten Stellungen „Speed“ und „Performance“ jetzt weitere hinzu:

Porsche 911 Turbo Aerodynamik
© Porsche AG
Heckflügel in Speed-Position
  • Die Eco-Stellung mit eingefahrenem Flügel ist nun über einen weiten Geschwindigkeitsbereich verfügbar, um mit einem minimalen Luftwiderstand zu fahren.
  • Die Flügelposition „Performance II“ mit reduziertem Anstellwinkel bei Überschreiten von 260 km/h reduziert den Luftwiderstand und verringert die Reifenbelastung an der Hinterachse: Dadurch konnte eine Erhöhung des Luftdrucks vermieden werden. Der Vorteil dieser Maßnahmen ist ein hohes längs- und querdynamisches Reifenpotenzial für die Fahr-Performance und den besonders sportlichen Einsatz, etwa auf Rundstrecken. Auch die Alltagstauglichkeit und der Fahrkomfort profitieren von dem angepassten Luftdruck.
  • In der zweiten neuen Flügelposition „Wet“ ist der Flügel weit ausgefahren, jedoch nicht gekippt. Zusammen mit der komplett eingefahrenen Bugspoilerlippe wird bei aktiviertem Wet-Mode die aerodynamische Balance in Richtung Hinterachse verschoben. Das Ergebnis ist eine höhere Heck- und damit Fahrstabilität, die für mehr Sicherheit auf nasser Fahrbahn sorgt.
© Porsche AG
Heckflügel in Performance-Position

Die neuen Funktionen: Wet Mode und Airbrake

Bei der neuen Funktion Wet Mode steht die Fahrstabilität bei Nässe im Vordergrund. Erkennen die serienmäßigen Sensoren in den vorderen Radhäusern durch aufgewirbeltes Spritzwasser eine signifikant nasse Fahrbahn, erscheint im Kombiinstrument ein Hinweis für den Fahrer. Dieser kann dann manuell über den Drehschalter am Lenkrad den Wet Mode aktivieren. Neben der oben beschriebenen Anpassung der Aerodynamik werden zusätzlich alle relevanten Regelsysteme auf höchste Fahrstabilität eingestellt.

Die neue Airbrake-Funktion wird bei einer Vollbremsung aus hohen Geschwindigkeiten automatisch aktiviert. Dann werden Bugspoiler und Heckflügel in die Performance-Stellung gefahren. Durch den höheren Luftwiderstand und den verstärkten Anpressdruck kann sich der Bremsweg verkürzen. Zudem wird die Fahrstabilität beim Bremsvorgang verbessert.

Die Regelstrategie: breite aerodynamische Spreizung

Konfigurationen im Überblick:

Die PAA-Regelstrategie mit Spoiler-Taste ist dieselbe wie im Sport Plus Modus.

Zusätzlichen zu den erläuterten Grundstellungen reagiert die PAA auch auf Öffnung von Schiebedach oder Cabriolet-Verdeck. Insgesamt werden damit am Heckflügel sieben Stellungen unterschieden. Darüber hinaus werden in der Abstimmung der einzelnen Stellungen Ausstattungsvarianten berücksichtigt. Ebenso wird berücksichtigt, ob es sich um ein Coupé oder Cabriolet handelt und ob ein Sport-Design-Paket mit anderer Formgebung an Front und Heck verbaut ist.

Die aerodynamischen Innovationen von Porsche

Von Generation zu Generation hat Porsche die Aerodynamik des 911 weiter verbessert. Dabei war der Sportwagenhersteller oft Schrittmacher bei der Aerodynamik. Hier die wesentlichen Meilensteine:

  • Bereits 1971 setzte Porsche den ersten Frontspoiler im 911 S ein. Er beschleunigte den Luftstrom unter dem Fahrzeug, leitete einen Teil der Luft seitlich vorbei und reduzierte so den Auftrieb des Vorderwagens.
  • 1972 kam mit dem für den Motorsport konzipierten Carrera RS 2.7 ein Meilen-stein in der Aerodynamik-Entwicklung auf den Markt: Er war nicht nur mit einer tief heruntergezogenen Frontschürze ausgestattet, sondern trug über dem Heckdeckel einen markanten Spoiler – den legendären „Entenbürzel“.
  • 1975 feierte der erste 911 Turbo seine Premiere. Markantes Merkmal war der große, feststehende Heckspoiler mit einer schwarzen Ummantelung aus Polyurethan (PU).
  • Das erste Modell mit einem elektrisch ausfahrbaren Heckspoiler debütierte 1989: der 911 Carrera 4 der Baureihe 964. Damit war der erste Schritt zur adaptiven Aerodynamik getan.
  • 2014 stellte Porsche den 911 Turbo mit adaptiver Aerodynamik vor. Abhängig von Geschwindigkeit und Fahrmodus fuhren Front- und Heckspoiler aus.
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