911 SPORT CLASSIC TYP 992

Jubel Jahr(e)

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Kann es einen besseren Anlass für ein Elfer-Sondermodell als das große Jubiläum des 911 Carrera RS 2.7 geben? Wohl kaum. Und weil das Vorbild Heldenstatus besitzt, liefert der 992 Sport Classic einen Superlativ. In der Kombination mit Heckantrieb, Turbomotor und Schaltgetriebe ist er einzigartig.
Porsche 911 Sport Classic Typ 992
© Roman Rätzke

Die Sammler können aufatmen. Wieso? Weil dieses Mal auch die Stückzahl stimmt! Erinnern Sie sich noch an den 997 Sport Classic, den ersten Jubi-Elfer der Neuzeit mit Bürzel im Look der Vergangenheit? Rund zwölf Jahre ist es her, dass wir bei PORSCHE FAHRER damit unterwegs waren und die Vermutung äußerten, dass dem hochgradig exklusiven Elfer ein Leben im Stillstand in klimatisierten Hallen drohe. Und genau so kam es.

Der 997 Sport Classic machte sich rar ab Werk, nur 250 Einheiten verließen die exklusive Manufaktur in Zuffenhausen. Das wird Porsche dieses Mal nicht passieren: Vom neuen 992 Sport Classic werden in der Porsche Exclusive Manufaktur fünfmal so viele Autos, in Summe 1250 Stück entstehen. Limitiert auf hohem Niveau und trotzdem ein Fall für Liebhaber. Ein Elfer, der alle Jubeljahre mal kommt. Eine Tradition ist es, wenn etwas dreimal stattgefunden hat, heißt es. Diesen Status hat der Sport Classic noch nicht. Das erste Sondermodell von 2009 auf Basis des 997, was beides heute schon ewig weit entfernt klingt, war seinerzeit eher ein Testballon. Einen echten Anlass gab es dafür nicht. Inzwischen ist das System der Spezial-Ausgaben bewährt – mit dem „50 Jahre Porsche Design“-Modell auf Basis des 911 Targa GTS führt Porsche derzeit eine weitere Besonderheit im Programm – und die zweite, aktuelle Version des Sport Classic hat das Zeug, ihn als wiederkehrende Spezialität zu etablieren.

Porsche 992 Sport Classic
© Roman Rätzke

Dabei verfügt der 992 Sport Classic aufgrund des 50. Geburtstags der Marken-Ikone 911 Carrera RS 2.7, die er sich als ideelles Vorbild nimmt, über mehr Legitimation als die alte 997-Variante. Zurück zum Bürzel – in 2022 passte es einfach und bedurfte keiner weiteren Erklärungen.

BÜRZEL ALS MARKENZEICHEN

Der kleine Heckspoiler, wie beim Original von 1972 nicht breiter als die Motorklappe, ist das Markenzeichen des Sport Classic. Früher war er aus GFK, heute ist er aus extra leicht bauendem Carbon, wie auch die Fronthaube und das „Double-Bubble“-Dach mit den zwei Wölbungen. Damit spart der Sport Classic auf den Turbo immerhin 70 Kilogramm Gewicht ein. Denn auch das ist anders als beim ersten Mal. 2009 lieferte der schmal bauende 911 Carrera S mit einem von 385 auf 408 PS leistungsgesteigerten 3,8-Liter-Saugmotor die Basis, heute ist es der breite 911 Turbo mit einem von 580 auf 550 PS gedrosselten 3,7-Liter-Biturbo. Größer könnten die Gegensätze kaum sein.

Neben 30 PS verzichtet der Sport Classic auch auf die turbotypischen Lufteinlässe in den Flanken, bietet also weniger Turbo und kostet am Ende aber dennoch empfindlich mehr. Der Preis liegt mit rund 287.000 Euro sogar noch mehr als 50.000 Euro über dem eines Turbo S mit 650 PS, dem Topmodell der Baureihe. Der Sport Classic setzt halt andere Schwerpunkte.

Porsche 911 Sport Classic
© Roman Rätzke

Als Teil der Heritage Design-Strategie ist er ein Sondermodell, das auf Lifestyle statt Leistung getrimmt ist. Style Porsche hat ihn entworfen und ein Blick auf die Mode von einst ist Teil des Gesamtpakets. Der Tacho trägt ein grün hinterlegtes Band, das bei 7000/min zur Farbe Rot wechselt und optisch an 356-Instrumente erinnert. Als wären es die Sechziger, gibt es Pepitastoff an den Türen und auf den Mittelbahnen der Sitze, während die zweifarbige Lederausstattung in den Farben Schwarz/Classic Cognac eher an den 928 der Achtziger erinnert.

LIFESTYLE STATT LEISTUNG

Es klingt gekünstelt, doch der leichte Retro-Look steht dem Sport Classic gut – Stoff in einem Auto dieser Preisklasse ist heute schon wieder etwas Besonderes. Aber dass Fronthaube, Kopfstützen und Lenkrad historisierende Porsche-Wappen tragen, dürfte nur den Wenigsten auffallen. Und die goldfarbenen Schriftzüge und Plaketten tragen vielleicht doch etwas zu dick auf.

Auch ein eigens für die Käufer verfügbarer, speziell designter Chronograph gehört zum Angebot und neben Sportgrau-Metallic, Schwarz, Achatgrau-Metallic und Enzianblau-Metallic ist jede andere Farbe auf Wunsch erhältlich, auch die Startnummer auf den Flanken ist individuell bestellbar. Die auflackierten Doppelstreifen, die vom Bug über das Dach bis zum Bürzel durchziehen, sind Teil des Gesamtpakets. Darüber hinaus, und zumindest dadurch erklärt sich zum Teil der Preis, sind so gut wie alle Extras enthalten. Wankstabilisierung und Hinterachslenkung, PCCB-Bremsanlage mit (ausnahmsweise) schwarz lackierten Bremssätteln, Liftsystem an der Vorderachse, Sportauspuffanlage und Sportfahrwerk mit 10 mm Tieferlegung – es steckt viel drin, was sonst Aufpreis kostet.

Dafür fehlen das Achtgang-PDK und der Allradantrieb, die beim 992 Turbo serienmäßig sind. Siebengang-Schaltgetriebe und Heckantrieb sind stattdessen enthalten, was das Profil des Sport Classic schärft und ihn in Kombination mit dem 550 PS starken Biturbo-Motor zum derzeit stärksten Elfer mit Heckantrieb und Handschaltung macht. Und zu einem Elfer, dessen fahrerisches Potenzial zu Unrecht vom auffälligen Auftreten überstrahlt wird.

Porsche 911 Sport Classic Innenraum
© Roman Rätzke

ALTERNATIVLOSE KOMBINATION

Der Heckantrieb ist toll, er macht die messerscharfe Lenkung noch leichter, präziser, punktgenauer, aber der Motor ist der eigentlich Star im Ensemble. Wie die ideale Verbindung aus saugerähnlichem Drehvermögen und turboartigem Druck fühlt sich die 550 PS-Maschine an, herrlich lebendig, unendlich stark aber nie brutal. Zeitgleich zerstreut er die Bedenken, dass ein Sport Classic nur mit Sauger möglich sei. Könnte es dieser herrliche Biturbo nicht zwischen GTS und Turbo in ein reguläres 911-Modell schaffen?

Dann aber am besten mit PDK. Nicht das hart und mechanisch rastende Sechsgang-Schaltgetriebe des GT3 stellt beim Sport Classic die Verbindung her, sondern das Siebengang-Räderwerk der Carrera-Typen, das sich fummelig gibt, immer eine Schaltebene zu viel offeriert und dessen oberste siebte Sparstufe wie Spaßentzug wirkt.

© Roman Rätzke

Den Vergleich mit dem 997 Sport Classic muss sich der 992 am Ende schon deshalb gefallen lassen, weil Leistung und Tempo Teil des Mythos Bürzel-Elfer sind. 4,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h und 302 km/h Höchstgeschwindigkeit stehen beim zwei Generationen älteren 997 zu Buche, beim 325 (!) Kilogramm schwereren 992 sind es 4,1 Sekunden und 315 km/h. Knapper als erwartet geht der zweite 911 Sport Classic damit als Erster durchs Ziel. Wie wird wohl irgendwann die dritte Auflage aussehen?


Dieser Bericht erschien in Ausgabe 2-2023.

Text: Jan-Henrik Muche
Wir danken b.mine Frankfurt Airport für die freundliche Unterstützung.

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