Matthias HoeingDer Schrauber-Schlüssel

Porsche Klassik

 · 02.11.2024

Matthias Hoeing: Der Schrauber-SchlüsselFoto: Simon Städe
Der Experte Matthias Hoeing baut seit rund 25 Jahren Porsche-Motoren. Er arbeitete bei Porsche Motorsport North America und gründete 2011 sein Unternehmen Hoeing Autosport. Neben seiner Werkstatt in Hamburg sucht er außergewöhnliche Autos für seine Kunden und nutzt dafür sein weltweites Netzwerk. @wickedsixes | @hoeingautosport

Es gibt bestimmte Situationen im Leben eines Porsche-Besitzers, die haben wir doch alle schon einmal erlebt. Während die meisten zu den glücklichen Momenten zählen, gibt es auch die eher qualvollen. Dazu gehörte in meinem Fall die Suche nach einer Werkstatt, die das Rätsel um meinen 356 lösen würde. Damals wurde die erste Ausfahrt nach längerer Standzeit bei der Röhrl-Klassik zu einer Hängepartie. Beim Beschleunigen war zwischen 2.500 und 3.500 Umdrehungen am 1960er B T5 Cabrio aus dem hinteren Abteil ein hässliches lautes Klacken zu hören, die Motortemperatur stieg, die Leistung ging in den Keller. Meine Rallyefreunde hatten zahlreiche Diagnosen parat. Und natürlich absolute No-go-Werkstätten aufgrund schlechter Erfahrungen sowie einige Empfehlungen. Trotzdem kämpfte ich mich durch ein Labyrinth. Von der Ursprungsdiagnose (einer der Zylinder war gerissen) brauchte es drei verschiedene Betriebe im Großraum Hamburg, ein gutes Dreivierteljahr Reparaturzeit und den Gegenwert eines gut erhaltenen Porsche 944, bis der 356 unter den kundigen Händen eines erfahrenen Mechanikers endlich wieder lief, wie er sollte.

Eine Odyssee, die so oder so ähnlich viele Besitzer eines klassischen Porsche immer wieder erleben. Damit das nicht passiert, haben wir gemeinsam mit dem Porsche-Experten und Motorenspezialisten Matthias Hoeing sechs Tipps zusammengestellt, wie man den Schrauber des Vertrauens findet.

1. Auf die Porsche-Community hören

In der Porsche-Szene gilt: Mundpropaganda ist Gold wert. „Das Beste, was man tun kann, ist, sich in der Szene umzuhören“, rät Matthias Hoeing. Besonders bei komplexen Reparaturen wie an Motoren oder Getriebe gibt es Namen, die unter Porsche-Fans immer wieder genannt werden. Diese Schwarmintelligenz lässt sich nutzen. Wenn jemand behauptet, alles zu können, aber keiner je von ihm gehört hat, sollte man misstrauisch werden. Auch Google-Rezensionen sind mit Vorsicht zu genießen, denn die Beweggründe der Schreiber sind oft unklar – egal ob Lob oder Verriss. Trotzdem kann man damit ein erstes Gefühl für einen Betrieb bekommen.

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2. Spezialisierung und Erfahrung prüfen

Nicht jede Werkstatt ist für jede Art von Reparatur geeignet. Klingt wie eine Selbstverständlichkeit, wird aber oft übersehen. Hier geben Fragen Orientierung: Welche Arbeiten stehen an? Welches Know-how ist gefragt? Welche Maschinen und welche Fertigkeiten werden benötigt? Die Werkstatt sollte genau erklären, wie sie die Themen angehen will. Hoeing weiß: „Gerade bei Motorüberholungen ist langjährige Erfahrung entscheidend.“ Er selbst hat vor 25 Jahren mit seinen ersten Motorüberholungen angefangen und viele dieser Aggregate im Lauf seines Berufslebens wiedergesehen. „Dabei habe ich am meisten über die eigene Arbeit gelernt“, meint er. Ähnliches gilt für Karosseriearbeiten und Lackierungen.

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3. Originalteile: Teurer ist oft günstiger

Beim Thema Ersatzteile zu sparen, kann ein teurer Fehler sein. Hoeing rät dringend, auf Originalteile zu setzen – besonders bei kritischen Bauteilen wie Dichtungen oder Pleuellagern. „Ein hochwertiger Pleuellagersatz kostet 450 Euro. Man kann aber auch welche für 80 Euro bekommen. Gehen die jedoch in die Knie, sind die Schäden unverhältnismäßig teurer.“ Daher: In jedem Fall bei der Werkstatt nachfragen, welche Teile verwendet werden und warum – es zahlt sich am Ende aus.

4. Auf klare Kommunikation achten 

Eine gute Werkstatt erklärt genau, welche Arbeiten wirklich nötig sind – am besten mit einer Prioritätenliste. „Wir geben unseren Kunden immer eine detaillierte Übersicht und sagen, was sofort gemacht werden muss und was später erledigt werden kann“, sagt Hoeing. Nicht jedes kleine Problem muss sofort behoben werden. Transparenz ist der Schlüssel. Nachfragen, wenn etwas unklar ist. Und sich nicht mit ungenauen Antworten oder kryptischen Rechnungen abspeisen lassen.

5. Ausrüstung und Know-how genau anschauen

Auch wenn man als Laie vielleicht nicht alle technischen Details versteht, kann die Ausstattung einer Werkstatt oft Aufschluss über ihre Spezialisierung geben. Hoeing meint: „Ein kritischer Blick auf die Maschinen und Gespräche mit den Mitarbeitenden zeigen schnell, worauf sich eine Werkstatt spezialisiert hat – oder auch nicht.“ Wieder gilt: nachfragen, wenn etwas unklar bleibt. Man hat ein Recht darauf zu wissen, was mit dem eigenen Auto passiert.

6. Die eigenen Erwartungen checken 

Viele Porsche-Besitzer haben sehr hohe, fast schon unrealistische Erwartungen an ihre Werkstatt. Hoeing empfiehlt, sich zu fragen: „Was ist wirklich wichtig? Soll jede kleine Unregelmäßigkeit behoben werden oder geht es in erster Linie um die Funktion?“ Je klarer Wünsche und Prioritäten formuliert sind, desto zufriedenstellender wird das Ergebnis sein. „Manchmal wollen Kunden Perfektion bis ins kleinste Detail. Das ist machbar, aber es treibt die Kosten in die Höhe.“ Hier gilt es, die Balance zu finden.