Porsche 911 S/T Typ 992

Titelstory aus Ausgabe 2-2024

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Nach GT3 Touring und GT3 RS dachten alle, da könne nichts mehr kommen. Das Spiel wäre ausgereizt. Falsch! Mit dem 911 S/T stellt Porsche die direkte Verbindung zwischen Straße und Rennstrecke her und einen Extrem-Elfer auf die Magnesium-Räder. So leicht, so rau, so stark.
Porsche 911 S/T Typ 992

Wenn einer wie Andreas Preuninger, Gesamtprojektleiter GT-Fahrzeuge in Weissach, der jeden Tag am Tempo für morgen, an Leistung und Performance forscht, sich hier und jetzt auf die Zukunft festlegt, muss etwas Besonderes dahinterstecken. „Gäbe es die Chance, noch einen S/T zu bekommen und könnte ich ihn mir leisten, würde ich mir sofort einen kaufen. Das ist der beste Elfer, den wir derzeit haben! Und ich glaube, dass wird auch in ein paar Jahren noch gelten.“ Sagt’s, legt den Auto-Blip-Schalter am Lenkrad auf Zwischengas um und ruft auffordernd von rechts rüber: „Und jetzt mal richtig Gas geben. Vollgaaaas!"

Wir sitzen hier zusammen im Auto, um was zu erleben. Zum Abenteuer 911 S/T passt das große Ganze ins Bild. Zum 60. Geburtstag des 911 hat Porsche sich und handverlesenen 1963 Kunden – das Premierenjahr des 901/911 gab die Limitierung vor – einen Elfer zum Geschenk gemacht, dessen Kürzel zwar an historische Vorbilder erinnert, aber den es so noch nicht gab: mit einem Preis von rund 292.000 Euro teurer als ein 911 Sport Classic auf Turbo-Basis, mit einem Gewicht von unter 1400 Kilogramm leichter als ein GT3 RS.

Der leistungsstärkste 911 mit Saugmotor und Handschaltung. Ein Elfer der extremen Ausschläge, aber ohne es sich auf den ersten Blick anmerken zu lassen. Auch beim Testwagenpreis von rund 339.000 Euro inklusive aller Extras mussten wir zweimal hinschauen.

Das Konzept hinter dem S/T klingt schon eher vertraut. Schon vor zehn Jahren hob Porsche ein Sondermodell aus der Taufe, das Bezug auf das 911-Jubiläum nahm. Der ebenfalls auf eine Stückzahl von 1963 Einheiten begrenzte 911 „50 Jahre 911“ auf 991-Basis erinnerte mit grünen Instrumentenziffern und Sitzmittelbahnen in Pepita an den 50 Jahre zuvor vorgestellten Ur-Elfer.

911 S/T mit LIMITIERUNG auf 1963 STÜCK

Ähnlich, aber anders der 911 R von 2016. Der nahm sich den wohl konsequentesten Renn-Elfer der Porsche-Frühzeit zum Vorbild, kombinierte Ausstattungs-Goodies der 50-Jahre-Edition mit dem 500 PS starken Vierliter-Motor des GT3 RS, Heckantrieb und Sechsganggetriebe. Die Fans verzehrten sich danach, solvente Sammler zahlten fantastische Aufpreise. Schon damals dachten alle, besser könnte es nicht werden.

Und jetzt steht knisternd und knackend vom letzten Höllenritt der 911 S/T vor der Tür – ein Auto, bei dem sich die Ingenieure, die Fahrwerks- und Leichtbauexperten, die Saugmotor-Fachleute austoben durften, als gäbe es kein Morgen.

Bei den in kleinsten Stückzahlen für den Rennsport gebauten 911 ST der späten Sechziger- und frühen Siebzigerjahre stand das Kürzel ST für Super und Touring, also für schnell und leicht, für supersportlich und sehr reduziert. Diesem Anspruch wird der aktuelle S/T gerecht.

Schnell ist er sowieso, die Spitze liegt bei 300 km/h. Das scheint bei einer Leistung von 525 PS eher adäquat als besonders beeindruckend, doch liegt der cw-Wert bei einer Stirnfläche von 2,05 m2 auch nur bei 0,35. Beim Taycan liegt der Luftwiderstandsbeiwert bei 0,22 bei einer Stirnfläche von 2,33 m2.

Das hilft aber nur zu erklären, warum der 911 S/T bei 525 PS nicht noch schneller ist. Doch nicht Höchstgeschwindigkeit, sondern Beschleunigung und Verzögerung, präzises Handling und unbedingte Leichtfüßigkeit standen im Fokus der Entwickler. Wenn der mächtig beflügelte GT3 RS der Elfer für die Rundstrecke und der Touring ein GT3 für jeden Tag ist, dann ist der ohne großformatigen Heckspoiler ausgerüstete 911 S/T der ideale 911 für die Landstraße, gewundene Straßen und Bergpässe, „für Straßen, auf denen es keine 50 Meter geradeaus geht“, wie Andreas Preuninger sagt. Dafür wurde er entwickelt. Für den Spaß am Fahren.

GT-SECHSGANGSCHALTGETRIEBE des 911 S/T

Hohe Drehzahlen und kurze Übersetzung bestimmen sein Wesen. Die vollen 525 PS liegen erst bei 8500/min an, kurzzeitig dürfen es auch 9000 Touren sein. Eine Alternative zum kurz übersetzten GT-Sechsganggetriebe ist nicht vorgesehen. Die exklusive Leichtbau-Kupplung braucht altmodisch viel Kraftaufwand, der Pedalweg ist kurz und das vom Einmassenschwungrad hervorgerufene Mahlen und Rasseln des Getriebes erinnert an den 964 RS. Dass es sowas noch gibt, denkt man sich unwillkürlich. Herrlich!

Das lineare Ansprechen des Motors überträgt sich auf den Fahrer, die feinnervigen Reaktionen des Fahrwerks auf den Gemütszustand. Einen Gang zu weit unten eingelegt, eine Spur zu viel Gas und in der Kurve kommt auch gerne mal das Heck rum. Der 992 S/T ist kein Elfer fürs beiläufige Herumfahren, er fordert Konzentration und Achtsamkeit und die Bereitschaft zur Arbeit.

Zur Wahrheit gehört auch, dass er im alltäglichen Verkehr das Beste und Schlechteste der anderen Menschen zum Vorschein bringt. Die einen heben den Daumen und machen im vorauseilenden Gehorsam Platz, selbst wenn dieser gar nicht eingefordert wird, die anderen versuchen unter Aufbietung aller Möglichkeiten und riskanten Manövern dranzubleiben oder besser noch zu überholen. Wer es sich gemütlich machen oder sich langweilen will, sollte niemals in einen S/T steigen.

Rein rechnerisch ist er reine Askese, wiegt 40 Kilogramm weniger als ein GT3 Touring, dem er doch stets näher scheint als dem gewaltigen GT3 RS. Die Türen mit solidem Bügelgriff, Fronthaube, Kotflügel und Dach sind Carbonteile; Magnesium-Räder, Dünnglas und Leichtbau-Batterie sind ebenfalls serienmäßig.


Den gesamten Bericht mit vielen weiteren Bildern und technischen Daten finden Sie in Ausgabe 2-2024.

Text: Jan-Henrik Muche · Fotos: Roman Rätzke

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