Magnus Walker – Urban Outlaw

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Er hat es wieder getan. Magnus Walker, Mode-Designer, Marketing-Genie, selbst ernannter Urban Outlaw und prominenter Porsche-Sammler, ist einkaufen gegangen. Einen 911 Turbo wollte er haben, nun stehen fünf Ur-930 in der Halle.

© Andy Tipping
Der Tag geht, Magnus Walker kommt. Extra verzottelt, mit wildem Bart, Dreadlocks, bunten Tätowierungen und sorgsam abgenutzten Klamotten; eine Mischung aus Catweazle, Grunge-Rock und Rastafari. Und ein sehr erfolgreiches Geschäftsmodell. Die Porsche-Welt kennt ihn als Liebhaber klassischer Elfer und als Sammler aus Leidenschaft, doch das ist nur die eine, gut gepflegte Fassade. Dahinter steckt ein erfolgreicher Geschäftsmann, der erst mit Mode, dann mit Immobilien eine Menge Geld verdient hat. Das erlaubt ihm, sich als Marke zu inszenieren und nebenbei publikumswirksam seinem Hobby nachzugehen.

© Andy Tipping
In dem alten Industriekomplex-Domizil in einer einst heruntergekommenen, mittlerweile prosperierenden Ecke von Los Angeles hat sich eine neue Unterabteilung des Themas 911 gebildet – Turbo heißt die neue Facette der völlig ungekünstelten Porsche-Begeisterung Walkers. Auslöser war der 40. Geburtstag des 911 Turbo, der Walker zum Suchen animierte. So begann er, frühe Dreiliter-Versionen ohne Ladeluftkühlung aus den ersten Verkaufsjahren zu sammeln – das Ergebnis waren fünf Autos. Wobei ein Auto des Jahrgangs 1975 immer noch fehlt.

„Ich bin ein besessener Sammler, der Platz und Zeit hat. Und wenn es sich ergibt, bleibt es nicht bei einem Auto“, sagt er. „Mein Ziel war, alle Modelle der ersten Generation zu besitzen, von 1975 bis 1977. Ich möchte den Anfang einer Baureihe sammeln, daher sind mindestens drei Fahrzeuge der Jahrgänge 1975, 1976 und 1977 erforderlich, um das abzudecken.“ Zum Modelljahr 1978 erschien der 911 Turbo in seiner nächsten Evolutionsstufe, mit 3,3-Liter-Motor und Ladeluftkühlung. Aber der zählt hier nicht.

Die frühen 930 sind eine andere, neue Sparte seiner Sammlung, die eigentlich auf Porsche 911 der Jahre 1964 bis 1970 ausgerichtet ist. Aber der 911 Turbo war das Auto, mit dem die Liebesbeziehung zwischen Magnus und Porsche begann. Gerne erzählt der gebürtige Engländer, wie er 1977 mit seinem Vater von Sheffield zur Earls Court Motor Show nach London fuhr. Kurz darauf bewarb sich der Zehnjährige mit einem Brief als Nachwuchsdesigner in Zuffenhausen – und wurde gebeten, sich später noch einmal zu melden.

Zwischen der ersten Begegnung mit dem Übersportwagen und dem Erwerb des ersten eigenen 911 Turbo liegen 35 Jahre, und Walker gibt zu, dass sein neuentdecktes Turbofieber ein schwer zu stillendes Verlangen ist. „Diese Fahrzeuge waren bekannt dafür, dass sie schon sehr früh in ihrem Dasein die Straße auf nicht normalem Weg verließen“, erklärt er. „Und viele der Überlebenden wurden gestohlen und ausgeschlachtet oder zu Rennwagen umgebaut. Andere wurden mit 3,3-Liter-Motor und Ladeluftkühlung aufgerüstet oder erhielten größere Bremsen und die flache Nase der 80er Jahre. Daher ist das Aufspüren eines Dreiliters der ersten Generation ohne alle diese Zutaten nach 40 Jahren nicht gerade ein einfaches Unterfangen.“

© Andy Tipping
Die Autos wurden nicht angeboten, Magnus Walker fand sie trotzdem. Über Fühler in sozialen Netzwerken, über Umwege. Er nahm Kontakt zu den Besitzern auf und wartete geduldig, bis sie bereit waren zu verkaufen.

Aber er hatte auch Glück mit dem, was er fand. Der erste Wagen war ein silberfarbenes US-Modell von 1976, das noch seine originale hellbraune Lederausstattung hatte. Beim Kauf ahnte er bereits, dass es sich um eines der ersten Fahrzeuge in Nordamerika handelte. Eine Rückfrage bei Porsche ergab, dass es sich um den ersten 930 in den Vereinigten Staaten überhaupt handelte.

Obwohl eigentlich ein Platz im Museum angebracht wäre, erfuhr er damit seine ersten richtigen Eindrücke mit einem aufgeladenen Porsche, und trotz der Historie wird das Auto weiterhin gefahren, nun versehen mit typischen Merkmalen wie breiten Fuchs-Felgen und Hoosier-Reifen sowie tiefergelegt. Magnus Walker baut sich seine Porsche so, wie er sie gerne sehen möchte. Die Kraftentfaltung im Vergleich zu seinen früheren Elfern bedeutete ein neues Kennenlernen des Grenzbereichs.

„Eigentlich bin ich hochdrehende, leistungs- und drehmomentschwache Motoren mit wenig Hubraum gewohnt, aus denen man das letzte Quäntchen Leistung am roten Bereich herauspressen muss“, sagt er. „Der Turbo ist völlig anders – der erste Gang reicht bis 80 km/h, der zweite bis 130 km/h – mit meinen anderen Autos bin ich da bereits im dritten oder vierten Gang“, sagt der 47-Jährige. „Es ist auch kein spontanes Auto, man muss seine Aktionen planen und den Fahrstil ändern. Mein eigener Fahrstil ist, so denke ich, sportlich- aggressiv. So fahre ich die meiste Zeit. Aber in einem Turbo muss man wirklich vorausdenken. Wenn der Schub einsetzt, geht einem sehr schnell die Straße aus.“

"Der Turbo ist kein spontanes Auto" - Magnus Walker

Dem ersten US-Turbo folgte schnell der weniger dezente, minervablaue 930, der dahinter abgestellt ist. Das Einzelstück wurde über das Porsche Sonderwunschprogramm bestellt und ist das einzige Auto in europäischer Ausführung. Es wurde 1976 in der Schweiz gekauft und war ursprünglich mit weißem Leder ausgestattet. Es ist auch das einzige der fünf Autos mit technischen Änderungen. So sind ein K27-Turbolader und ein Krawallauspuff montiert, dazu PAG-15 Räder, verbunden mit einer Tieferlegung. Walker schätzt, dass es der drehfreudigste und spontanste aus dem Quintett ist, auch ohne die vorgenommenen Modifikationen. Aber er hat nicht vor, die anderen zu optimieren oder ein weiteres, bereits frisiertes Modell zu suchen.

„Wenn man eine Zeitreise 40 Jahre zurück machen will und die erste Generation der Dreiliter-Modelle erfahren möchte, dann sind sie so genau richtig“, sagt er und deutet auf den Rest der Sammlung. „Für mich war es wichtig, kein überladenes Turbomonster zu suchen, sondern herauszufinden, wie das Fahrerlebnis vor 35 oder 40 Jahren war.“

© Andy Tipping
Magnus Walker fand den letzten Wagen in Salt Lake City, von seinem vorherigen Besitzer kaum gefahren. Die schwarze Karosserie und das schwarze Lederinterieur brachten ihn auf eine Idee. Nun hat er passend zur Farbgebung schwarz lackierte Fuchsfelgen, einen überholten Motor und ein Momo-Lenkrad. Das wäre was für Darth Vader, führe der Dunkle Lord Porsche, postuliert er.

Wenn allerdings das Fahrerlebnis der 70er Jahre entscheidend sei, warum dann die anderen Räder? „Änderungen sind immer Geschmackssache”, sagt Magnus Walker. „Schau´ Dir die Bone Stock Cars aus dieser Zeit an, sie stehen auf 205er oder 215er Reifen mit 60er Querschnitt. Das sieht unterdimensioniert und viel zu hoch aus. Mein Ding war sie abzusenken, sie auf breitere Reifen mit mehr Grip zu stellen und im Wesentlichen dann so zu belassen.“

Aber nicht alle Autos sind modifiziert. Das Modell in Silbergrün Diamant-Metallic von 1977, original belassen bis hin zu den oft entfernten zuckerschaufelartigen Scheinwerfereinfassungen zeigt den perfekt konservierten Geschmack der 70er Jahre. Es hat noch die vergleichsweise hohe Fahrwerkseinstellung, und Magnus öffnet die Tür zum originalen Interieur in Avocado-Leder und Schottenkaro. Dann klappt er den Aschenbecher auf und zieht einen Kassenzettel von 1977 hervor; vom ersten Besitzer dort zurückgelassen als Beweis, dass niemals im Auto geraucht wurde.

© Andy Tipping
Diese Farbkombination ist nicht ganz so begehrenswert wie das gerade eingetroffene 1977er Modell in Schwarz/Schwarz und Matching Numbers. Aber es ist ein bemerkenswert gut erhaltenes Exemplar, was sich auch schon bald nach dem Kauf zeigte. Obwohl es in den Jahren zuvor nur wenige Kilometer zurückgelegt hatte, bestand der 930 auf Anhieb den strengen kalifornischen Abgastest und absolvierte, wenige Tage nachdem Magnus den Schlüssel erhalten hatte, mühelos eine Rundreise von fast 1300 Kilometern.

Aber selbst diese beiden technisch identischen Modelle haben unterschiedliche Charaktere, sagt Walker. „Diese Autos sind jetzt fast 40 Jahre alt, wurden von ihren Vorbesitzern mehr oder weniger malträtiert und in verschiedenen Punkten verändert. Keine zwei fahren gleich, sie sind einfach verschieden.“

Nachdem nun zwei der drei 930-Produktionsjahre abgedeckt sind, ist es gerade das schwer erhältliche Auto von 1975, das Magnus Walker zum Erreichen seines Ziels braucht. Aber die überall bejubelten 40 Jahre Turboaufladung machen es schwierig, die Sammlung zu komplettieren. Die Preise steigen rapide an, und der Turbo wandelt sich vom unterbewerteten Auto, dem – wie er sagt – der Miami-Vice-Schwulst der 80er anhängt, zu einem äußerst teuren und begehrten Teil der 911-Geschichte.

Magnus Walker: "Die Autos sind nun fast 40 Jahre alt. Keine zwei fahren gleich."

Allerdings freut er sich auch, dass das Modell letztendlich die Wertschätzung erhält, die es verdient. „Es ist unglaublich, wie sich Porsche in den ersten zehn, zwölf Jahren des 911 weiterentwickelte“, sagt er. „Die Leistung wurde verdoppelt, und das Auto verwandelte sich von einem trägen, schmalen Etwas zu der ikonenhaften Skulptur, die wirklich bis zum 964 beibehalten wurde – für 20 Jahre. Jetzt, 40 Jahre später, reden wir immer noch über Turbos – das Auto wurde zu einer wahren Legende.“ Und Magnus Walker sucht weiter.


Lesen Sie diesen Artikel mit noch mehr Fotos in Ausgabe 4-2015.
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